Waldorfpädagogik

Die vom Philosophen und Naturwissenschaftler Dr. Rudolf Steiner (1861 – 1925) im Jahr 1919 begründete Waldorfschule kam durch das Engagement und auf Bitten des Unternehmers Emil Molt (1876 – 1936), des Besitzers und Leiters der Waldorf-Astoria-Zigarettenfabrik in Stuttgart, zustande.

 

Steiner entwickelte in den Jahren zuvor die Anthroposophie als Geisteswissenschaft, die die allem Leben zugrundeliegenden (und nicht unmittelbar sichtbaren) Gesetzmäßigkeiten erforschte und in einem umfangreichen öffentlichen Wirken, vornehmlich durch Vorträge, zugänglich machte.

 

Der Mensch wird als dreigliedriges Wesen (Leib, Seele und Geist) verstanden und damit nicht auf reine Funktion (Leib) oder Verstand (Kognition = „Geist“) reduziert. Folglich muss alle Erziehung und Bildung den sich entwickelnden Menschen vollständig berücksichtigen, mit den Weltzugängen von Denken, Fühlen und Wollen. Aller Unterricht muss die Schülerinnen und Schüler daher erlebend, tätig und verstehend ansprechen. Waldorfpädagogik wird daher als ganzheitlich bezeichnet, weil alle Seiten der Schülerinnen und Schüler im Unterricht und Schulleben angesprochen werden.

 

Der Epochenunterricht dient diesem Ziel ebenso, wie viele handwerkliche und künstlerische Fächer, sowie das frühe Fremdsprachenlernen. Letztlich soll aber jeder Unterricht künstlerisch gestaltet sein, d.h. die Schülerinnen und Schüler mit ihren Fähigkeiten und Entwicklungsnotwendigkeiten wahrnehmend und den Unterricht für die jeweils anwesende Lerngruppe gestaltend. Daher gibt es in der Waldorfschule keinen festen oder vorgeschriebenen Lehrplan: die Lehrkräfte sollen die für die Entwicklung der Schülerinnen und Schüler geeigneten Inhalte und Methoden für sie gestalten, sie sollen „Erziehungskünstler“ werden.

 

Mittlerweile gibt es in Deutschland ca. 250 Waldorfschulen, die sich im Bund der Freien Waldorfschulen zusammengeschlossen haben. Für Kinder mit besonderen Bedingungen in der Entwicklung gibt es Schulen, die einen heilpädagogischen Ansatz verfolgen.

 

Die Anthroposophie Steiners ist der Ausgangspunkt, vielen Bereichen des menschlichen Lebens neue Impulse zu geben. Beispielhaft hierfür stehen neben der Waldorfpädagogik auch die biologisch-dynamische Landwirtschaft, neue Entwicklungen in der Pharmazie, die anthroposophische Medizin sowie neue Wege in sozialen und wirtschaftlichen Zusammenhängen.

 

Foto übernommen von Wikimedia Commons, gemeinfrei.

Dr. Rudolf Steiner um 1905